Drei vorbildliche kriminalpräventive Projekte aus Rheinland-Pfalz sind in Mainz mit dem Landespräventionspreis 2012 ausgezeichnet worden. Innenstaatssekretärin Heike Raab und der Vorsitzende des Landespräventionsrates, Dr. Andreas Ammer (Trier), überreichten den mit insgesamt 5.000 Euro dotierten Preis an außergewöhnliche Projekte im Rahmen der Kriminalprävention in Contwig, Mainz und Haßloch.
„Kriminalprävention hat eine zentrale Funktion bei der Gestaltung einer gewaltfreien Gesellschaft und der Gewährleistung der Inneren Sicherheit. Angesichts einer sich rasant verändernden Gesellschaft steht die Kriminalprävention immer häufiger vor neuen Herausforderungen. Kriminalpräventive Konzepte müssen den aktuellen Anforderungen und Entwicklungen angepasst und weiterentwickelt werden. Das ist nicht allein Aufgabe des Staates, vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Und dafür brauchen wir das Engagement vieler Akteure“, sagte Staatssekretärin Heike Raab zu Beginn der Verleihungsfeier im Innenministerium. Besonders gelungene kriminalpräventive Projekte verdienten daher auch eine besondere Würdigung: „Deshalb sind wir heute hier. Wir wollen die Arbeit der Projektemacher auszeichnen, ihre erfolgreichen Konzepte landesweit vorstellen und zur Nachahmung empfehlen.“
Auf eine zwölfjährige fruchtbare und gewinnbringende Arbeit des im Jahr 2000 gegründeten Landespräventionsrates und der bereits vier Jahre zuvor eingerichteten Leitstelle Kriminalprävention im ISIM blickte Dr. Andreas Ammer in seiner Begrüßung zurück. In dieser Zeit sei es gelungen, auf kommunaler Ebene mehr als 100 Kriminalpräventive Räte zu gründen, die vom Landespräventionsrat und der Leitstelle im Ministerium fortlaufend unterstützt und beraten werden. „Darin auch in Zeiten einer schwierigen Haushaltssituation nicht nachzulassen“, bezeichnete der Vorsitzende des Landespräventionsrates als „besonders herausfordernd“.
Ein wesentlicher Anteil der Arbeit sei die Förderung und Auszeichnung kriminalpräventiver Projekte mit Modellcharakter. Sie soll weitere Organisationen anregen, im eigenen Wirkungskreis einen ähnlich wirkungsvollen Beitrag zur Kriminalprävention zu leisten. Dr. Ammer: „Die hier ausgezeichneten Projekte stehen stellvertretend für eine wache und aktive Projektkultur, die unsere Gesellschaft erst lebenswert macht. Ohne zivilcouragiertes Bürgerengagement hätten wir nicht das lebenswerte Rheinland-Pfalz, in dem wir so gerne leben. Ohne diese Basisarbeit in der Prävention kämen Konflikte und gesellschaftliche Friktionen auf uns zu, die in ihrer Bewältigung einen finanziell wesentlich höheren Aufwand nach sich ziehen und noch dazu das soziale Klima in unserem Land nachhaltig beschädigen würden.“ Die eigenständige Bedeutung der Kriminalprävention werde von der Landesregierung seit den 1990er Jahren anerkannt und gefördert. Für diese Wertschätzung sei der Landespräventionsrat dankbar, sagte dessen Vorsitzender.
Jüngste Auszeichnungen zeigten, dass die Kriminalprävention in der rheinland-pfälzischen Gesellschaft auf breiter Ebene angekommen ist, sagte Ammer und nannte beispielhaft zwei Projekte: Die rot-weiß-bunten Aktionswochen des 1. FCK richteten sich gegen ausländerfeindliche Anfeindungen in der Fußball-Fanszene und wurden mit dem Julius-Hirsch-Preis des DFB ausgezeichnet. Der Aus- und Umbau eines Jugendraums der Ditib-Moschee in Bendorf-Mühlhofen dient der Begegnung unter Jugendlichen verschiedener Religionen und Kulturkreise und erhielt dafür den „Brückenpreis“ des Ministerpräsidenten. Beide Initiativen waren vom Landespräventionsrat inhaltlich beraten und finanziell gefördert worden.
In Anwesenheit zahlreicher Gäste, unter ihnen der Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium, Joachim Laux, die Mitglieder des Landespräventionsrates, Vertreter des Landesjugendamtes, der Kommunen und der Polizei, überreichten Staatssekretärin Heike Raab und Dr. Andreas Ammer die drei Einzelpreise, die mit 1.000, 1.500 und 2.500 Euro dotiert sind, an die folgenden Projekte:
1. Preis: Projekt „Prävention ist besser als Sanktion – Ein Gesamtprojekt für unsere Schüler“; Integrierte Gesamtschule Contwig
Ziel dieses Langzeitprojektes ist es, die Ich- und Sozialkompetenz der Schülerinnen und Schüler in den 5. bis 10. Klassen zu stärken. Aktiv sollen sie sich mit den unterschiedlichsten Präventionsthemen auseinandersetzen. Informationsveranstaltungen und Elternbriefe beziehen die Eltern mit ein. Das Projekt wird im laufenden Schuljahr pilotiert, im Anschluss evaluiert und fortgeschrieben. Projektpartner sind die AOK, das Krankenhaus Pirmasens, das Gesundheitsamt und die Polizei Zweibrücken. Das Projekt verfolgt ein ganzheitliches Verständnis von Prävention. Gestaffelt nach Altersgruppen, werden Themen wie Gewaltprävention, Suchtprävention, Aidsprävention, Alkoholprävention, Drogenprävention und gesunde Ernährung gemeinsam mit den außerschulischen Projektpartnern vorbereitet und in den Unterricht eingebaut. Dies geschieht – je nach Thema – in unterschiedlichen Schulfächern. Deutsch, Sozialkunde, Geschichte und Religion kommen dafür ebenso in Betracht wie Biologie oder Chemie. Die Schüler sollen sich aktiv und alltagsnah mit dem jeweiligen Thema befassen. Dazu dienen Kochkurse ebenso wie etwa ein Besuch im Krankenhaus, Erfahrungsberichte von Rauchern und Drogenkonsumenten, Gespräche mit Polizeibeamten oder gemeinsam konzipierte Aktionstage gegen Gewalt. In Teamsitzungen, Elternabenden und in der Gesamtkonferenz der IGS wird das Präventionsprojekt besprochen und begleitet. Als besonders positiv bewertete die Jury den ganzheitlichen Präventionsansatz, die Zusammenarbeit mit den außerschulischen Projektpartnern und die ständige Einbindung der Eltern.
2. Preis: Projekt „Familien-Gruppen-Konferenz (FGK); Opfer- und Täterhilfe OUTH e.V. im Haus des Jugendrechts, Mainz
Im Mittelpunkt dieses Projekts steht die Hilfe für Kinder, Jugendliche und Heranwachsende, die auffällig geworden sind und Gefahr laufen, auf die schiefe Bahn zu geraten. Bevor es hier zu einem staatlich veranlassten Eingriff kommt, gibt das Projekt „Familien-Gruppen-Konferenz“ (FGK) den Familien und dem sozialen Umfeld der oder des Betreffenden die zumeist letzte Möglichkeit, über eigene Hilfen und Maßnahmen nachzudenken, darüber gemeinsam zu entscheiden und die vereinbarten Maßnahmen dann auch konsequent umzusetzen. Neben Familienangehörigen können an der FGK auch Lehrer, Seelsorger, Trainer aus dem Sportverein oder enge Freunde der Familie teilnehmen. Das Erarbeiten eigener Problemlösungen oder die Inanspruchnahme einer professionellen Beratung bedeutet für die FGK-Teilnehmer, selbst Verantwortung zu übernehmen, statt anderen die Initiative zu überlassen. Jede Familie, die über ein Mindestmaß an Zusammenhalt und Sozialkompetenz verfügt, kann eine Familien-Gruppen-Konferenz abhalten. Auch andere Menschen, die der Familie nahe stehen und sich um deren Kinder Sorgen machen, können ihr dazu raten. Die Opfer- und Täterhilfe Mainz (OUTH) bereitet die FGK vor und übernimmt deren Organisation. Zu Beginn sucht ein unabhängiger Koordinator die Familie auf und ermutigt sie, sich eigenverantwortlich dem Problem zu stellen und nach Lösungen zu suchen. Dafür schult OUTH die ehrenamtlichen Koordinatoren, überträgt ihnen Arbeitsaufträge, betreut sie und ist verfahrensverantwortlich. Im Mai 2012 wurden die ersten zwölf Koordinatoren dafür qualifiziert, in die Familien zu gehen und eine Familien-Gruppen-Konferenz anzubahnen. Projektpartner ist die Jugendgerichtshilfe der Stadt Mainz. Geplant ist, weitere Kommunen in Rheinhessen und die Jugendstrafanstalten für eine Mitwirkung zu gewinnen. Mitte vergangenen Jahres ging das Projekt an den Start und soll nun zum Dauerangebot ausgebaut werden. Besonders gefallen hat der Jury in diesem Fall die Stärkung der Eigenverantwortung der Familie im Vorfeld staatlicher Eingriffe. Hier geht es um Hilfe zur Selbsthilfe. Dies macht in mehrfacher Hinsicht Sinn. Denn die Zahl staatlicher Jugendhilfemaßnahmen steigt rapide an und führt Jugendämter, Polizei und Justiz immer öfter an ihre Kapazitätsgrenzen.
3. Preis: Projekt „Ehrenamtliche Mediation in Schulen durch ältere Menschen“; Verein „Seniorpartner in School“ e.V., Haßloch
Ziel dieses Projektes ist es, Schülerinnen und Schülern durch Mediation, Coaching und Bildungsbegleitung in schwierigen Situationen Unterstützung zu bieten. Mobbing, Alkohol- und Drogenmissbrauch, häuslichen und schulischen Problemen soll möglichst schon im Anfangsstadium begegnet werden. Dafür stehen ehrenamtlich tätige Seniorinnen und Senioren zur Verfügung, die im Gespräch gemeinsam mit den Jugendlichen nach Lösungen suchen. Das hilft den Kindern und gibt auch den Senioren persönliche Zufriedenheit. Ihr Engagement für die Jugend ist ein Gewinn für beide Seiten. Schulmediatoren fördern die gewaltfreie Lösung von Konflikten im Schulalltag und entlasten damit auch die Lehrer. Zugleich werden Kinder und Jugendliche in ihrer persönlichen und sozialen Kompetenz gestärkt. Das Projekt lebt durch das Engagement der Menschen und bringt die Generationen einander näher. Senioren lassen sich zu Mediatoren ausbilden und betreuen derzeit 16 Schulen im Raum Haßloch. 2013 soll eine weitere Gruppe ausgebildet werden, damit bald auch Schulen in anderen Landesteilen von diesem Projekt profitieren. Hier war die Jury besonders beeindruckt vom ehrenamtlichen Element des Projektes und der sorgfältigen Ausbildung der Mediatoren, die sich mit viel Lebenserfahrung in die Sache einbringen. Das Projekt kann die integrative Arbeit der Schulen nicht ersetzen, aber es will die überbordende Aufgabenvielfalt, der sich Schulen in unserer Gesellschaft gegenübersehen, reduzieren helfen.
Landespräventionspreis 2013
Auch 2013 sind Gruppen, Vereine, Verbände, Schulen, Hochschulen, soziale Einrichtungen, Behörden, Kriminalpräventive Gremien, Einzelpersonen und sonstige Institutionen mit Sitz in Rheinland-Pfalz aufgefordert, sich um den Landespräventionspreis zu bewerben. Einsendeschluss ist der 31. August 2013. Die Ausschreibung für den Landespräventionspreis und das Bewerbungsformular stehen auf der Internetseite des Landespräventionsrates unter „Aktivitäten / Wettbewerbe – Preise“ zur Verfügung: <link internal-link wird im gleichen browserfenster>www.kriminalpraevention.rlp.de