Ein Bild sagt mehr als tausend Worte...
Egal wie detailliert die Beschreibung und begeistert der Erzähler schwärmt, einen wirklichen Eindruck vom Urlaubsort, der Hochzeit oder dem Baby der Freundin bekommt man erst durch Fotos und Videos. Auch das Internet, speziell soziale Netzwerke, lebt von aussagekräftigen Aufnahmen.
Dass die Verbreitung persönlicher Momente im Bildformat auch gefährlich sein kann, zeigt das folgende Beispiel.
Kalte Dusche nach heißen Nachrichten
Hannah ist 14 Jahre alt und unglücklich. Sie ist die Einzige in ihrer Klasse, die noch nie einen festen Freund hatte. Hannah ist eher schüchtern und zurückhaltend und hat kaum etwas mit Jungs zu tun. Sie weiß einfach nicht, worüber sie mit ihnen reden soll.
An einem Samstagnachmittag bekommt sie auf Facebook eine Freundschaftseinladung von einem Jungen namens Jonathan. Er gibt vor, sie aus der Schule zu kennen. Hannah wird beim Betrachten seines Profilfotos ganz aufgeregt, Jonathan sieht unwahrscheinlich gut aus. Es schmeichelt ihr, dass ihr ein so attraktiver Junge schreibt und digital fällt es ihr leicht, sich auf eine Konversation mit ihm einzulassen. Die beiden tauschen ihre Handynummern aus und schreiben sich nun auch vermehrt über WhatsApp.
Nach und nach gewinnt Jonathan Hannahs Vertrauen, ein bisschen verliebt hat sie sich mittlerweile auch in ihn. Sie zögert deshalb kaum, als Jonathan sie um ein Bild in Unterwäsche bittet. Sie schiebt alle Bedenken, auch aus Angst er könnte den Kontakt zu ihr abbrechen oder sie zu kindisch finden, zur Seite und schickt ihm das gewünschte Foto.
Als Hannah am nächsten Morgen in die Schule kommt, bleibt ihr fast das Herz stehen. Jonathan hat das Bild in mehreren WhatsApp-Gruppen weitergeleitet und überall auf dem Schulhof kursiert nun das Bild von Hannah in Unterwäsche.
Was ist passiert?
Jonathan hat gegen die Urheber -und Persönlichkeitsrechte von Hannah verstoßen. Bei der Bildaufnahme handelt es sich um eine Nachricht, die heutzutage als Sexting beschrieben wird. Das Wort wird zusammengesetzt aus den Worten Sex und Texting. Es beschreibt einen Austausch privater Bild-, Ton- und Sprachnachrichten mit sexuellem Inhalt über Computer oder Smartphone. Meist werden in diesem Zusammenhang von sich selbst gefertigte Videos oder Fotos in freizügiger und/oder sexualisierter Pose an einen Dritten versendet oder empfangen.
Was oft weder den Tätern noch den Opfern bewusst ist: Das Weiterleiten und Verbreiten dieser Nachrichten ohne Einwilligung der betroffenen beziehungsweise abgebildeten Person ist kein kindischer Streich, sondern verstößt gegen geltendes Recht!
Das Urheberrecht schützt in diesem Fall den Hersteller der Bildaufnahme. Hannah hat in unserem Beispiel Jonathan nicht erlaubt, das Bild zu verbreiten.
Außerdem wird in ihr Persönlichkeitsrecht eingegriffen, indem personenbezogene Daten ohne ihre Einwilligung weitergeleitet worden sind.
Auch Kriminelle freuen sich über Ihre Bilder
Anna ist die Mutter zweier wunderschöner Kinder. Lotti ist gerade zwei Jahre alt und Anton mit seinen vier Jahren schon ein großer Junge, wie er selbst stolz anmerkt. Die beiden Kinder lieben es, sich im Sommer nackt im elterlichen Garten unter dem Rasensprenger Abkühlung zu verschaffen.
Die begeisterte und vernarrte Mutter erstellt von diesem Spektakel umfangreiche Bildaufnahmen. Sie stellt ein Bild bei WhatsApp und eine ganze Bilderserie bei Facebook ein. Es soll schließlich jeder sehen, was für zauberhafte Kinder sie hat und wie viel Spaß alle zusammen haben.
Anna ist mit einer Polizeibeamtin befreundet, die ihr eines Tages mitteilt, dass sie bei einer Recherche auf einschlägigen Seiten mit kinderpornographischem Inhalt Bilder von Lotti und Anton gefunden habe. Die primären Geschlechtsteile der Kinder wurden auf den Bildern vergrößert und besonders hervorgehoben. Die ahnungslose Mutter ist vollkommen schockiert, verängstigt, angeekelt und bricht in Tränen aus. Wie konnte das nur geschehen?
Was ist passiert?
Die Mutter hat die Bilder im Internet für einen unüberschaubaren Nutzerkreis zugänglich gemacht und somit die Kontrolle über die Aufnahmen verloren. Unbekannte konnten so Zugriff auf die Bilder erlangen und sie für ihre kriminellen Handlungen zweckentfremden und nutzen. Die ursprünglich harmlosen Bildaufnahmen der liebenden Mutter wurden von den Kriminellen zu Bildern mit kinderpornographischem Inhalt verwandelt.
Auch in diesem Fall wurden die Bildaufnahmen ohne Erlaubnis des Herstellers verbreitet und zweckentfremdet. Somit wurde gegen das Urheber -und Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen verstoßen. Für die Mutter sicher nur ein schwacher Trost, zumal einmal im Internet verbreitet, die Aufnahmen kaum noch endgültig zu entfernen sind.
Hinweis: Auch bei der Verwendung und Weiterverbreitung von scheinbar harmlosen Bildern, welche offenkundig niemanden schädigen, ist Vorsicht geboten. Auch hier sind Urheber- und Persönlichkeitsrechte zu beachten, ein unbedarft geteiltes Bild kann sonst teuer werden.
Bedenken Sie: Bei der Veröffentlichung von Fotos benötigen Sie grundsätzlich die Zustimmung aller abgebildeten Personen!